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Um die UN-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, müssen die weltweiten Agrar- und Ernährungssysteme dringend umgestaltet werden

 

(Rom/Paris, 5. Juli 2021) – Der Weltgemeinschaft bleiben weniger als zehn Jahre, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) der Vereinten Nationen umzusetzen. Die globalen Ziele für Ernährungssicherheit und Umweltschutz werden die Regierungen nur dann bis 2030 erreichen, wenn sie ihre Anstrengungen erhöhen. Dies ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der OECD. 

 

In den kommenden zehn Jahren sind zwar Fortschritte bei der SDG-Umsetzung zu erwarten, diese sind jedoch von einer raschen Erholung nach der Corona-Pandemie, stabilen Witterungsbedingungen und einem verlässlichen Politikumfeld abhängig. Zudem haben die pandemiebedingten Verwerfungen des vergangenen Jahres die Erfüllung der SDG noch schwieriger gemacht. Daher ist es dringend notwendig, sich mit den Faktoren und Triebkräften auseinanderzusetzen, die die Leistungsfähigkeit der Agrar- und Ernährungssysteme beeinflussen.

 

Der OECD-FAO Agricultural Outlook 2021-2030 bietet politisch Verantwortlichen eine Konsensprognose für die 40 wichtigsten Agrar- und Fischereierzeugnisse über die nächsten zehn Jahren auf nationaler, regionaler und globaler Ebene. Die Studie untersucht die Faktoren, die die Entwicklung an den Agrar- und Ernährungsmärkten bestimmen, und liefert Erkenntnisse für die zukunftsorientierte Politikanalyse und -planung. Die Basisprojektionen der Studie zeigen, welche Trends auf der Grundlage der aktuellen Politik zu erwarten sind. Und sie machen deutlich, wo zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind, um die SDG zu erreichen.

 

Ernährungssicherheit und gesunde Ernährung für eine wachsende Weltbevölkerung zu gewährleisten, bleibt eine Herausforderung. Die weltweite Nachfrage nach Agrarprodukten, die z. B. als Nahrungsmittel, Futtermittel, Kraftstoffe und industrielle Vorprodukte eingesetzt werden, dürfte in den kommenden zehn Jahren zwar eine geringere jährliche Wachstumsrate als im vorherigen Jahrzehnt verzeichnen, aber dennoch um 1,2 Prozent pro Jahr zunehmen. Die zukünftige Nachfrage dürfte geprägt sein von demografischen Trends, einem höheren Konsum von Geflügel anstatt rotem Fleisch in reichen Ländern und vielen Ländern der mittleren Einkommensgruppe sowie einem starken Anstieg des Pro-Kopf-Konsums von Milchprodukten in Südasien.

 

Nachhaltige Produktivitätssteigerungen sind entscheidend

 

Um die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung von voraussichtlich 8,5 Milliarden im Jahr 2030 nachhaltig zu sichern, sind Produktivitätsverbesserungen entscheidend. Das Wachstum der globalen Erntemengen bis 2030 dürfte den Projektionen zufolge zu 87 Prozent von Ertragssteigerungen, zu sechs Prozent von einer Ausweitung der Anbauflächen und zu sieben Prozent von einer Erhöhung der Anbauintensität getragen werden. Auch bei tierischen Erzeugnissen und bei Fischereierzeugnissen dürften die erwarteten Zuwächse überwiegend durch Produktivitätsgewinne erreicht werden. In Schwellenländern und Niedrigeinkommensländern dürfte die Vergrößerung der Viehbestände aber ebenfalls großen Anteil an der Ausweitung der tierischen Erzeugung haben.

 

Der Handel bleibt weiter entscheidend für die globale Ernährungssicherheit, Ernährung, landwirtschaftliche Einkommen und die Bekämpfung der Armut im ländlichen Raum. Im weltweiten Durchschnitt werden rund 20 Prozent der im Inland konsumierten Erzeugnisse importiert. Im Jahr 2030 müssen voraussichtlich 64 Prozent des gesamten Binnenkonsums im Nahen Osten und Nordafrika über Importe gedeckt werden. Lateinamerika und die Karibik werden den Erwartungen zufolge mehr als ein Drittel ihrer gesamten Agrarproduktion exportieren.

 

„Wir haben eine einmalige Chance, den Agrar- und Ernährungssektor nachhaltiger, effizienter und resilienter zu gestalten“, so OECD-Generalsekretär Mathias Cormann und FAO-Generaldirektor Qu Dongyu im Vorwort zur Studie. „Ohne zusätzliche Anstrengungen werden wir das Null-Hunger-Ziel verfehlen und die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft werden weiter steigen. Die Agrar- und Ernährungssysteme müssen dringend umgestaltet werden“.

 

Die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft werden den Projektionen zufolge in den nächsten zehn Jahren weltweit um vier Prozent zunehmen. Hintergrund ist vor allem eine höhere tierische Erzeugung. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass im gleichen Zeitraum ein deutlicher Rückgang der Emissionen je Produktionseinheit – d. h. der CO2-Intensität der Produktion – erwartet wird.

 

Die Nahrungsmittelverfügbarkeit weltweit dürfte sich insgesamt in den nächsten zehn Jahren um vier Prozent auf knapp über 3000 Kalorien pro Person und Tag erhöhen. Der Pro-Kopf-Konsum von Fetten wird den Projektionen zufolge stärker steigen als der Konsum der anderen Hauptnährstoffgruppen. Grund dafür ist, dass zunehmend verarbeitete Lebensmittel und Fertigprodukte konsumiert werden und immer mehr außer Haus gegessen wird. Beides sind Folgen einer anhaltenden Urbanisierung und einer wachsenden Frauenerwerbstätigkeit. Einkommenseinbußen und der Anstieg der Nahrungsmittelpreise infolge der COVID-19-Pandemie verstärken diesen Trend.

 

In Hocheinkommensländern ist keine wesentliche Steigerung der bereits hohen Nahrungsmittelverfügbarkeit pro Kopf zu erwarten. Einkommenszuwächse und sich ändernde Verbraucherpräferenzen werden aber eine Konsumverlagerung von Grundnahrungsmitteln und Süßungsmitteln auf höherwertige Nahrungsmittel, wie z. B. Obst und Gemüse sowie – in geringerem Umfang – tierische Erzeugnisse bewirken.

 

In Niedrigeinkommensländern wird die Nahrungsmittelverfügbarkeit den Projektionen zufolge um 3,7 Prozent steigen. Dies entspricht 89 Kalorien pro Person und Tag. Der Anstieg ist hauptsächlich auf einen höheren Konsum von Grundnahrungsmitteln und Süßungsmitteln zurückzuführen. Der Konsum von tierischen Erzeugnissen, Obst und Gemüse kann aufgrund der wirtschaftlichen Zwänge nur begrenzt gesteigert werden. Angesichts knapper Einkommen wird der Pro-Kopf-Konsum von tierischen Proteinen den Projektionen zufolge in Subsahara-Afrika leicht zurückgehen. Falls sich die aktuelle Entwicklung fortsetzt, dürfte der Selbstversorgungsgrad in dieser Region bei wichtigen Nahrungsmitteln bis 2030 abnehmen.

 

Mittelfristig werden die Nahrungsmittel- und Agrarpreise von klimatischen Bedingungen, Wirtschaftswachstum und Einkommensverteilung, demografischem Wandel und Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten sowie technologischen Entwicklungen und Politiktrends beeinflusst. Der FAO-Nahrungsmittelpreisindex ist zwar im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, nach diesen Erhöhungen wird aber mit einer Korrekturphase gerechnet. Der Landwirtschaftsausblick von FAO und OECD geht davon aus, dass die Nahrungsmittelpreise angesichts eines langsameren Nachfragewachstums und der erwarteten Produktivitätssteigerungen in realer Rechnung allmählich wieder sinken werden.

 

Die Studie befasst sich mit mittelfristigen Trends. Es gibt jedoch zahlreiche Faktoren, die kurzfristige Preisschwankungen an den Agrarmärkten auslösen können. So können beispielsweise Entwicklungen an den Energiemärkten, die sich auf die Inputpreise auswirken, und die höhere Volatilität der Getreidepreise, die mit dem steigenden Marktanteil einiger Länder zusammenhängt, für Abweichungen zwischen den Projektionen und den beobachteten Preisen sorgen.

 

Die vollständige Studie finden Sie auf unserer Website unter https://www.oecd-ilibrary.org/agriculture-and-food/oecd-fao-agricultural-outlook-2021-2030_19428846-en

 

Eine Zusammenfassung wichtiger Daten und Empfehlungen finden Sie unter http://www.agri-outlook.org

 

Die OECD ist ein globales Forum, das mit über 100 Ländern zusammenarbeitet. Sie tritt ein für eine Politik, die die individuellen Freiheiten wahrt und das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen der Menschen weltweit fördert.

 

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