Förderung nachhaltiger Lieferketten

Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen fördern die Achtung der Menschenrechte, die Einhaltung von Sozialstandards und den Umweltschutz bei Unternehmensaktivitäten weltweit.

Worum geht es?

Als 2013 in Bangladesch die Textilfabrik Rana Plaza einstürzte, starben über 1 130 Menschen, Tausende weitere wurden verletzt. Die Schockwellen des Unglücks reichten weit über die Textilindustrie hinaus. Rana Plaza offenbarte ein eklatantes Versagen der Textil- und Bekleidungsindustrie, die Sicherheit der Arbeitskräfte in ihren Lieferketten zu gewährleisten. Es zeigte in erschreckender Deutlichkeit, welche Gefahren mit dem zunehmenden Wettbewerbsdruck in der Fertigungsindustrie verbunden sind. Die möglichst schnelle und billige Fertigung geht häufig mit Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen, Korruption und Umweltrisiken einher.

Davon sind nicht nur die Schuh- und Bekleidungsbranche betroffen. In unserer globalisierten Welt lassen immer mehr Unternehmen grenzüberschreitend von verschiedenen Partnerfirmen Produkte herstellen und Dienstleistungen erbringen. Wegen der zunehmenden Komplexität der Lieferketten lässt sich jedoch nur schwer kontrollieren, welche – positiven oder negativen – Auswirkungen sie auf Mensch und Umwelt haben.

Die Vernetzung von Verbrauchern, Herstellern und anderen Akteuren in der Lieferkette wird immer engmaschiger und das Interesse der Verbraucher und Investoren an verantwortungsvoller Produktion und Nachhaltigkeit nimmt zu. Die Verbraucher verlangen mehr Transparenz von den Unternehmen. Sie wollen wissen, wie die Unternehmen wirtschaften und wie sie zur Sicherung einer nachhaltigen Zukunft beitragen.

Was wurde unternommen?

Die OECD hat Praxisleitfäden entwickelt, um ein verantwortungsvolleres unternehmerisches Handeln – auch in globalen Lieferketten – zu fördern. Diese Leitfäden sollen den Unternehmen helfen, mögliche negative Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit zu erkennen und zu beseitigen. Dabei kann es sich beispielsweise um gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen, Arbeitsrechtsverletzungen, Umweltschäden oder Menschenrechtsverletzungen handeln.

Die Risiken und somit auch die nötigen Sorgfaltsprüfungen unterscheiden sich in den einzelnen Branchen. Deshalb wurden neben einem allgemeinen Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zusätzliche sektorspezifische Leitfäden für den Mineral- und den Rohstoffsektor, die Bekleidungs- und Schuhindustrie, den Agrarsektor und den Finanzsektor ausgearbeitet.

Zudem wurde ein Netzwerk von Nationalen Kontaktstellen (NKS) für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln ins Leben gerufen. Die NKS sind dafür zuständig, Beschwerden über mögliche Verstöße gegen die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu prüfen und auf eine Lösung hinzuwirken. Bislang haben sich 48 Länder weltweit verpflichtet, eine NKS einzurichten. Bei den Beschwerden geht es um Unternehmen, denen vorgeworfen wird, Verletzungen von Unternehmensführungs-, Sozial-, Umwelt- oder Arbeitsstandards oder Menschenrechten verursacht zu haben oder damit in Zusammenhang zu stehen. Solche Beschwerden können von jeder natürlichen oder juristischen Person bei der NKS des Landes eingereicht werden, in dem oder von dem aus das betreffende Unternehmen tätig ist. Das Beschwerdeverfahren kann Abhilfe für die Geschädigten erwirken und grundlegende Verhaltensänderungen bei den Unternehmen herbeiführen. Dadurch kann weiteres schädliches Verhalten verhindert werden.

Unternehmen können ihr Handeln nicht allein auf die Gewinnerzielung ausrichten. Sie müssen auch Verantwortung für die gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Aktivitäten übernehmen. Der OECD-Leitfaden fördert das gemeinsame Engagement von Regierungen und Unternehmen für ein verantwortungsvolleres unternehmerisches Handeln und die Erfüllung der Sorgfaltspflicht in Lieferketten. Er leistet damit einen wesentlichen Beitrag zu inklusiverem und nachhaltigerem Wachstum weltweit.

Angel Gurría OECD-Generalsekretär

Was wurde erreicht?

Die OECD-Leitsätze und -Leitfäden definieren, welche Anforderungen Unternehmen nach gemeinsamem Verständnis erfüllen müssen, um internationalen Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln gerecht zu werden. Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen werden von Tausenden von Unternehmen in globalen Lieferketten umgesetzt und eingehalten. Die große Akzeptanz der OECD-Leitsätze ist u. a. dem Engagement wichtiger Akteure zu verdanken. Dazu zählen die Internationale Arbeitsorganisation, die Vereinten Nationen, die G7, die Wirtschaft selbst sowie die 48 Teilnehmerstaaten der OECD-Leitsätze, aus denen rd. 80 % der ausländischen Direktinvestitionen weltweit stammen.

Seit dem Jahr 2000 haben die Nationalen Kontaktstellen mehr als 450 Beschwerden zu Unternehmensaktivitäten in über 100 Ländern und Gebieten angenommen. Die meisten dieser Beschwerden betreffen den Bereich Beschäftigungs- und Arbeitnehmerfragen (54 %), gefolgt von Beschwerden zu allgemeinen Grundsätzen einschließlich Sorgfaltspflichten (49 %), Menschenrechten (32 %) und Umweltschutz (20 %). Seit 2011, als die Leitsätze um ein Menschenrechtskapitel ergänzt wurden, geht es bei 57 % der Beschwerden um Menschenrechtsverletzungen.

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